Forschung

Subjektivität und Privatheit

Prozesse des Geworden-Seins und des Werdens von Individuen im Schnittpunkt von Institutionen, gesellschaftlichen Strukturen, sozialen Praktiken, Diskursen und Normierungen werden mit Hilfe der Begriffe Biografie, Identität, Habitus, Lebenslaufs und Subjekt-Konstitution zu erfassen versucht.
Die Begriffe unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Forschungstraditionen wie auch ihrer theoretischen Bezüge. Auch ist der Fokus der Untersuchungen wie auch die spezifische Fragestellung jeweils unterschiedlich. So kreisen sozialisationstheoretische Forschungen und Überlegungen um die Frage des Zusammenhangs von sozialer Prägung und individueller Aneignung. Biografietheoretische Thesen reflektieren das Verhältnis von Erfahrung und diskursiver, textueller Konstruktion bei der Erzählung von Lebensgeschichten. Identitätstheoretische Untersuchungen bearbeiten die Frage der Integration von sozialen Widersprüchen und Ambivalenzen in das Konzept einer als körperliche Einheit begriffenen Einzelperson. Die Lebenslauf-Forschung ist konzentriert auf Fragen des Generationenvergleichs und des Vergleichs von Lebensläufen, um gegenwartstypische Tendenzen zu benennen. Die dekonstruktivistische Perspektive auf Prozesse der Subjekt-Konstitution problematisiert die Ideen von Subjektivität und Identität als normative Anweisung und beleuchtet deren Normierungs- und Disziplinierungscharakter.
Während die Sozialisations- und die Lebenslaufforschung wie auch Teile der sozialpsychologischen Identitätsforschung einen metaphysischen Begriff von Handlung, Struktur und sozialer Realität zu Grunde legen, sind biografietheoretische wie auch dekonstruktivistische Subjekt-Theorien auf die imaginäre und ideologische Qualität von Selbst-Bildern, Zuschreibungen und diskursiven Effekten in biografischen Erzählungen und identitäts- und subjektphilosophischen Thesen konzentriert. Damit verbunden sind Unterschiede der Herangehensweise und des methodischen Instrumentariums. So favorisiert der erst genannte Forschungszusammenhang Beobachtungen, Umfragen und sozial-statistische Erhebungen, während in der zweiten Perspektive hermeneutische und diskursanalytische Verfahren der Textproduktion und Textanalyse dominieren.
Biografische Erzählungen, konkrete Individuations- und Entwicklungsprozesse, milieu- und generationsspezifische Vorlieben und Verhaltensformen wie auch historisch hervorgebrachte Thematisierungsweisen und Diskurse sind eingebettet in soziale Formen und interpersonelle Verhältnisse von Privatheit, die im Prozess gesellschaftlicher Transformation sich stetig verändert.